Alex Wahi – Kreativkoch "inder" house

Mit deutschen und indischen Wurzeln setzt Wahi auf unterschiedliche Wege, Kochen einfach und leicht nachvollziehbar zu machen.

Alex Wahi lebt und kocht nach dem Motto „keep it short and simple“. Gutes Essen bedeutet für ihn gute Zutaten, schnell zuzubereiten. Neben dem Restaurant Maharanhi im westfälischen Hamm betreiben sein Vater und er die einzige indische Kochschule in Deutschland. Doch „Inder“ (in der) Küche steht er nur noch manchmal. Mittlerweile ist der 35-jährige als kreativer Fernsehkoch zu sehen sowie international für namhafte Lebensmittelketten auf kulinarischer Entdeckungsreise unterwegs. Warum dirty water hot dogs nicht schmecken, Muskateller aber gerade wieder ganz in ist und was Bollywood mit Spülen zu tun hat, erzählt er uns im Interview (September 2020).

DZH: Hallo Alex, was machst Du gerade?
Alex Wahi: Ich bereite gerade die neuen Kurse in unserer Kochschule vor. Nachdem die Corona-Maßnahmen jetzt gelockert wurden, dürfen wir wieder, natürlich unter Auflagen. Endlich wieder ein Stück „Normalität“.

DZH: Damit gleich zum Thema. Wie hast Du, wie habt ihr bislang Corona erlebt?
Alex Wahi: Jeder in der Branche weiß, dass die letzten Wochen und Monate für die Gastronomie eine Katastrophe waren. Auch spontane Ideen oder To-go-Lösungen haben nur einen Bruchteil des früheren Geschäfts kompensiert. Zum Glück stehen wir als kleiner Familienbetrieb recht solide da, aber auch wir mussten an die Reserven. Aber, auch wenn es Lockerungen gibt, wird es noch lange dauern, bis es wieder so sein wird wie vor Corona. Und leider werden es bis dahin nicht alle schaffen, die Zahlen sind ja sehr düster.

DZH: Was machst Du denn im Moment hauptsächlich?
Alex Wahi: Auch wenn es paradox klingt, aber ich habe die letzten Wochen wirklich sowohl persönlich, als auch beruflich als Chance für einen Neustart genutzt. Das heißt nicht, dass ich alles umschmeiße, aber doch, dass wir alte Gewohnheiten, unser Tagesgeschäft und das ganze Drumherum überdenken. Vielleicht ist es an der Zeit, neue Wege zu gehen, Dinge einfach mal anders zu machen. Ich bin da auch immer hin- und hergerissen. Einerseits sind da Restaurant und Kochschule, andererseits habe ich die Möglichkeit das Thema Gastronomie bzw. Kochen anderen „Zielgruppen“ auch ganz anders nahezubringen.

DZH: Du meinst mit Fernsehauftritten und Deinen Reisen?
Alex Wahi: Ja, genau. Aber dabei geht es mir nicht darum der nächste Stern am Fernsehkochhimmel zu sein. Gutes Essen heißt für mich ganz einfach gute Zutaten schnell zuzubereiten, oder wie ich immer sage „keep it short and simple“. Ich versuche das Ganze mit sehr viel Leichtigkeit zu sehen. Nicht so verkrustet. Für mich ist wichtig, dass unsere Gäste oder auch die Zuschauer sehen, wie gut und einfach Kochen und auch exotische Küche sein kann. Manchmal muss es dafür auch mal etwas ungewöhnlich zugehen.

DZH: Was meinst Du mit ungewöhnlich?
Alex Wahi: Wenn ich zum Beispiel in einer Baggerschaufel ein indisches Curry für 500 Leute koche, ist das für mich so ein Moment. Gutes Essen geht auch ohne den ganzen Hochglanz-Firlefanz, smarte Technik und gestärkte Kochjacke.

Alex Wahi – ein paar Eckdaten

Name: Alex Wahi
Alter: 35
Mutter: Deutsche, Vater: Inder, seit 1970 in Deutschland
Lebt und arbeitet in Hamm/Westfalen

Ausbildung zum Hotelfachmann, dann verschiedene Stationen in der Gastronomie,
u.a. bei Frank Buchholz sowie Steigenberger Hotel, Bad Pyrmont und Golfclub Schlosshotel Münchhausen, Aerzen.
2008-2011 Studium Betriebswirtschaft

Das elterliche Restaurant Maharani gibt es seit 1989. Die indische Kochschule seit 1982.

DZH: Mal zurück zu den Wurzeln. Wie hat es mit dem Kochen bei Dir angefangen?
Alex Wahi: Natürlich zu Hause, also im Restaurant. Ich hatte als Kind ständig Hunger. Ich liebe bis heute die gute deutsche „Oma-Küche“. Aber in einem indischen Restaurant stehen Schweinebraten mit Klößen und Eintopf nicht auf der Speisekarte. Da für meinen Vater die Gäste aber immer wichtiger waren (zwinkert), musste Klein-Alex selbst in die Küche und hat sich dann selbst was gekocht. Mit dieser Mischung aus Rotkohl und Tandoori-Huhn bin ich aufgewachsen.

DZH: Und dann? Du bist studierter Betriebswirt.
Alex Wahi: Ja, eigentlich wollte ich ins internationale Hotelmanagement nach der Ausbildung. Bin dann aber doch im Betrieb geblieben und hab überlegt, wie man auf dieser Basis was machen kann. Wir haben die Kochschule ausgebaut, dann kamen Event-Jobs auf Messen dazu und plötzlich hat das Fernsehen angefragt. Parallel interessierten sich Handelsketten für „Ethno-Food“ und baten mich um Rezepturen, Ideen und wollten, dass ich „international“ koche.

DZH: Das klingt sehr spannend.
Alex Wahi: Ist es auch. Vor allem aber abwechslungsreich. Ich war im letzten Jahr international sehr viel unterwegs. Ich genieße die Arbeit mit anderen Menschen und Kulturen – liegt wohl bei mir „Inder“ Natur (grinst). Deshalb versuche ich auch immer, egal ob privat oder beruflich, Neues zu entdecken, zu probieren. Viele sogenannte Food-Trends sind oft nur hochgejubelte Modeerscheinungen oder Marketing-Gags. Vieles von dem, was jetzt gerade „hip“ ist, ist anderswo seit Jahrzehnten oder sogar Jahrhunderten Alltagsküche. Wenn ich schon mal irgendwo bin, probiere ich lieber das Original.

DZH: Ein Beispiel bitte!
Alex Wahi: Na ja, nicht Jahrhunderte alt, aber dennoch typisch: Dirty Water Hot Dogs in New York, Downtown. Die schmecken leider, wie die heißen. Zum Überleben vielleicht hilfreich, aber nicht wirklich gut. Da ist die hippe Kopie irgendwo in Berlin-Kreuzberg wahrscheinlich tatsächlich besser. Ganz im Gegenteil dazu: Echtes Street Food in Thailand. Das beste Pad Thai ever. Das kann man nicht nachmachen. Im Moment ist natürlich nix mit Reisen. Da bin ich regional auf Entdeckungstour.

DZH: Das heißt was genau?
Alex Wahi: Ich entdecke zum Beispiel gerade Gewürztraminer und Muskateller für mich. Gefühlt gibt’s die ja schon immer, haben auch ein eher angestaubtes Image. Aber das sind echte Köstlichkeiten und ich überlege, wie das in „meine“ Art zu kochen passt.

DZH: Konkret zum Kochen und Deiner „Küche“. Was gehört auf jeden Fall dazu?
Alex Wahi: Auf jeden Fall Kräuter, Gewürze und Olivenöl, gerne auch Trüffel und, wen wundert’s, Curry.

DZH: … und was geht gar nicht?
Alex Wahi: Glutamat ist ein absolutes „no go“, auch wenn man das in der „exotischen“ Küche immer vermutet. Auf Sahne und Butter könnte ich selbst auch gut verzichten – trotz „Omas Küche“ (lacht).

DZH: Was macht den Menschen Alex Wahi aus? Wie bist Du so?
Alex Wahi: Na ja, quirlig, man könnte auch sagen zu ungeduldig. Ich will zu viel auf einmal. Das wirkt für andere dann entweder sehr kreativ oder auch chaotisch. Dann rede ich zu viel und treffe spontan Entscheidungen, über die ich dann auch nicht mehr diskutiere. Entscheidungsfreude ist gut und wichtig, aber nicht immer einfach für Außenstehende.

DZH: Was schätzt Du an anderen?
Alex Wahi: Ehrlichkeit und Respekt ohne Voreingenommenheit.

DZH: Und was stört Dich an anderen?
Alex Wahi: Ganz allgemein oder im Restaurant?

DZH: Gibt es da einen Unterschied?
Alex Wahi: Wenn Leute grundsätzlich kritisch oder negativ gegenüber allem Neuen sind, schon eine Meinung haben, bevor sie dich kennen oder sie etwas ausprobiert haben, finde ich das doof. Bei Gästen kommen noch Ungeduld und mangelnde Wertschätzung gegenüber dem Gastronom bzw. seiner Arbeit als Minuspunkte hinzu.

DZH: Wie gehst Du ganz persönlich damit um?
Alex Wahi: Eigentlich mit meiner Art. Ich verstelle mich nicht. Wer zu uns kommt, bekommt 100% Wahi: ganz cool, frisch und locker. Da kommt dann der Inder in mir durch. Wir sehen unsere Gäste eher als gute Bekannte und Freunde, mit denen bzw. für die man sich Zeit nimmt, um ihnen etwas Gutes zu tun. 

DZH: Was machst Du in Deiner Freizeit bzw. zum Runterkommen:
Alex Wahi: Rausgehen, mit meinem Hund. Oder ich geh spülen, Küche aufräumen, echt wahr, aber mit lauter Musik. Und nochmal Klischee: dann gibt’s neben aktuellen Charts Bollywood-Sounds, bis die Wände wackeln.

DZH: Was kommt als nächstes, wie sehen Deine Pläne aus?
Alex Wahi: Die letzten Wochen haben uns allen gezeigt, dass es manchmal ganz schnell und ganz anders kommt, als geplant oder erwartet. Deshalb mache ich keine konkreten Pläne. Wir haben Ideen und schauen, wie wir die für uns im Restaurant und in der Kochschule umsetzen können. Als Gastronom muss bzw. musste man sich doch schon immer klar sein, dass man ne Menge Durchhaltevermögen braucht. Das war schon immer so – angefangen von Arbeitszeiten, über Service bis zu den Rahmenbedingungen. Aber heute müssen auch „kleine Gastronome“ eher Manager und Zahlenmenschen sein, als wirklich am Herd oder hinter der Theke zu stehen. Ich hoffe, dass es in Zukunft in der Gastronomie etwas unverkrampfter zugeht. Dazu gehört auch – und vielleicht hilft da Corona sogar –, dass der Restaurantbesuch oder der Hotelaufenthalt wieder etwas wirklich Besonderes ist und man auch dem „Gastgeber“, also uns, mit Respekt und Wertschätzung begegnet. Ganz persönlich bin ich der Meinung, dass nach der Corona-Zeit wieder neue oder andere Möglichkeiten kommen. Da bin ich offen.

DZH: Vielen Dank!